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Ein Kind pflegt - alle Kinder erben. Die Auswirkungen der Pflegeleistung auf die Nachlassauseinandersetzung

Nach wie vor werden die meisten älteren pflegebedürftigen Menschen von ihren nächsten Angehörigen versorgt. Oftmals ist es so, dass einem von mehreren Kindern des zu Pflegenden diese Aufgabe zufällt.

Darüber, ob diesem Kind für die Pflege eine finanzielle Entschädigung zukommen soll, wird oft nicht gesprochen. Nur sehr selten werden deshalb Entgeltvereinbarungen getroffen. Meist stellt sich die Frage nach einem Ausgleich für die geleistete Arbeit erst nach dem Tod des Gepflegten, wenn dessen Nachlass zwischen dessen Kindern geteilt werden soll.
Das Kind, das die Pflegearbeit geleistet hat, wird es regelmäßig für ungerecht empfinden, dass es bei gesetzlicher Erbfolge denselben Anteil am Nachlassvermögen erhält, wie seine Geschwister, die sich nicht so intensiv um den Elternteil gekümmert haben.

 Kann das pflegende Kind eine Entschädigung aus dem Nachlass verlangen, auch wenn diesbezüglich nichts geregelt wurde?

Grundsätzlich schon. Im Gesetz findet sich unter den Bestimmungen wie das Nachlassver-mögen zwischen Miterben auseinanderzusetzen ist, auch eine Regelung über sogenannte Ausgleichspflichten bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings.

  • § 2057 a BGB regelt, dass ein Abkömmling, der durch seine Pflegeleistungen in beson-derem Maße dazu beigetragen hat, das Vermögen des Erblassers zu erhalten oder zu vermehren, bei der Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Abkömmlingen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, eine Ausgleichung verlangen kann, solange er für seine Leistungen kein angemessenes Entgelt erhalten hat.

Die Höhe des Betrages, der auszugleichen ist, bemisst sich laut Gesetz, danach wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und mit Rücksicht auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.

Selbst wenn Einigkeit dahingehend besteht, dass grundsätzlich eine Ausgleichung zu erfolgen hat, lässt die Formulierung dieser Vorschrift erahnen, dass die Festlegung der konkreten Höhe des Ausgleichsbetrages zwischen den Erben regelmäßig zu erheblichen Streitigkeiten führt.

Die Vorstellung der Ausgleichsbetrag werde nach den geleisteten Stunden multipliziert mit einer Art Stundenlohn errechnet, ist falsch.

Die Gerichte müssen in jedem Einzelfall nach den jeweiligen Umständen entscheiden und kommen so zu teilweise sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

Im Jahr 2017 hat nun das Oberlandesgericht Schleswig Kriterien aufgestellt bzw. weiter-entwickelt, anhand derer die Höhe des Ausgleichsbetrages etwas verlässlicher ermittelt werden kann.

In einem ersten Schritt sind zunächst die Dauer und der Umfang der auszugleichenden Leistungen festzustellen, insbesondere der Leistungszeitraum und der tägliche Aufwand. Da der Pflegende dies nachzuweisen hat, bedarf es hierzu oftmals der Vernehmung von Zeugen und der Vorlage von etwaigen Pflegegutachten.

Steht fest, dass der Ausgleichsberechtigte während längerer Zeit Pflegeleistungen erbracht hat, die weit über das hinausgehen, was die anderen Erben beigetragen haben, ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang diese Leistung dazu geführt hat, das Vermögen des zu Pflegenden zu erhalten oder gar zu vermehren.

In der Regel wurde durch die häusliche Pflege eine kostspielige Heimunterbringung vermieden.

Um zu ermitteln in welcher konkreten Höhe das Vermögen erhalten wurde, wird regelmäßig auf etwaige Kosten einer Heimunterbringung abzustellen sein, die abhängig vom jeweiligen Pflegegrad unter Abzug der Leistungen der Pflegeversicherung zu errechnen sind. Es kann z. B. dann auch mindernd zu berücksichtigen sein, dass bei einem Heimaufenthalt der zu Pflegende Mieteinnahmen aus seinem nicht mehr selbst bewohnten Eigenheim erzielt hätte und vieles mehr.

Danach sind dann die Nachteile, die der Pflegende selbst erlitten hat, etwa Einkommens-verluste, aber auch Vorteile, etwa mietfreies Wohnen beim Gepflegten oder lebzeitige Schenkungen festzustellen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Pflegende seine eigenen Interessen zurückgestellt hat und womöglich seine eigenen Lebensplanungen geändert hat.

Als letztes müssen dann noch die Vermögensinteressen der übrigen Erben und der Pflicht-teilsberechtigten berücksichtigt werden. Regelmäßig soll hier geprüft werden, ob nach Durchführung der Ausgleichung den übrigen Erben noch ihre Pflichtteile verbleiben.

Trotz dieser neueren Rechtsprechung, die grundsätzlich die Rechtsposition pflegender Abkömmlinge stärken will, bleibt die Festlegung der Höhe der Ausgleichung aufwendig und schwierig.

Ratsam ist es deshalb immer zu Lebzeiten Regelungen zu treffen, die einen angemessenen Ausgleich, wenn auch erst nach dem Tod, schaffen.

Rechtsanwältin Gabriele Häuser
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Oktober 2017

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